Industrie | 27. Februar 2018
Arbeiten im Reinraum – Wesentliche Arbeitsbedingungen
Reinräume halten die Konzentration von Teilchen in der Raumluft besonders gering im Vergleich zu alltäglich genutzten Räumlichkeiten. Entsprechend hüllen sich Personen in einem Schwarz-Bereich (weniger reines Raumvolumen) in spezialisierte Kleidung vor Betreten eines Weiß-Areals (reineres Volumen). Geräte und sonstige Objekte erfahren vor ihrer Einbringung normierte Reinigungen. Standards von Raum und Verhalten seiner Nutzer entsprechen allgemein EN ISO 14644. Reinraumkleidung und -arbeitsmittel sowie angepasste Arbeitstechniken fördern dann die Einhaltung aller Raumnutzungsbedingungen. Speziell Körperbewegungen und Gehen sollten langsam erfolgen zur Vermeidung von Luftturbulenzen, die liegende Teilchen aufwirbeln.
Insbesondere empfiehlt sich Raumnutzern eine möglichst geringe Körperbehaarung als Quelle von Störpartikeln – zur Unterstützung der Isolationswirkung von Reinraumkleidung: Menschen in Alltagskleidung und andere vielzellige Organismen zählen zu den kritischsten Partikel- bzw. Störkörperquellen (Hautschuppen und Tröpfchen sowie Fussel usw.). Entsprechend tragen Nutzer insbesondere Kopfhauben und Schutzbrillen sowie Schuhüberzieher.
Anwendungen und Industriebereiche
Ursprünglich nutzten wohl zuerst Mediziner fundamentale Reinraumprinzipien und schufen entsprechende OP-Säle. Später verlagerten sich auch gewisse Fertigungsprozesse in Reinräume, etwa zur Halbleiterproduktion: Die Partikeldichte gewöhnlicher Umgebungsluft erhöht die Vorkommenswahrscheinlichkeit störender Teilchen in integrierten Schaltungen dramatisch. Selbst Submikrometerpartikel unterbinden im schlimmsten Fall die korrekte Funktion eines Schaltkreises.
Auch bestimmte Produkte bzw. Verfahren der Bereiche Laser, Optik und Nanotechnologie sowie Raum- und Luftfahrt als auch naturwissenschaftlich-technischer Forschung erzwingen Reinräume. Speziell gewisse medizinische Forschung, Therapien und Arzneien (Pharmazie) als auch keimfreie Lebensmittel gehören dazu.
Technik und Materialien in Reinräumen
Reinräume halten möglichst viele Partikel außen, erschweren ihre Erzeugung und Verteilung innen und entfernen akquirierte Teilchen nach außen – diese Raumfunktion unterstützen alle Nutzer und Objekte im Raum. Entsprechend überwacht zweckgemäße Messtechnik die kritische Partikel- bzw. Keimdichte.
Reinraumverträglich eingeschwungene Anwendungs- bzw. Reinigungsverfahren benötigen konstante Umgebungsbedingungen zum Erhalt ihrer Verträglichkeit. Daher hält Klimatechnik speziell Temperatur und Druck sowie Feuchtigkeit der Raumluft jeweils ideal.
Um die geforderten Bedingungen herzustellen, werden diverse Verfahren angewendet: Sie verhindern, dass unerwünschte Partikel in die Luft gelangen können und entfernen bereits in der Luft befindliche Partikel nach außen.
Manche Produktionsprozesse der Mikroelektronik erzwingen sogenannte Reinsträume, die sich nur über eine Folge von Reinräumen stets schärferer Reinheitsklassen betreten lassen. Größere Aggregate für Reinsträume, etwa Vakuumpumpen, liegen daher oft auf anderen Gebäudeebenen – vorgeschaltete Reinräume benötigen meist zu viel Etagenvolumen.
Mehrfache Kleidungswechsel und Bodenmatten mit Haftwirkung sichern höchstmögliche Reinheit eintretender Reinstraumnutzer. Einen Reinstraumzugang sichern getrennte Schleusen für Personal und Material. Dort entfernen schnelle Luftströme und Filter eingetragene Teilchen.
Raumverträgliche Materialien besitzen abriebarme Oberflächen. Weiter erzeugen Raumobjekte, etwa Aggregate und Möbel, nur geringe Turbulenzen von Luftströmen. Dazu dienen auch ihre optimierten Oberflächentopologien. Überdruckbelüftung der meisten Reinräumen hält zudem einschwebende Partikel außen. In Ausnahmen erzwingen Reinräume jedoch Unterdruck, speziell zum Einhalten gefährlicher Objekte, etwa radioaktiver Substanzen und Krankheitserreger.
Gegebenenfalls sorgen Geräte für Verdrängungsströmungen für besonders teilchenarme Arbeitsvolumen: Sie erzeugen reine, senk- oder waagrechte Luftströme derart, dass die mittlere Teilchenkonzentration im Zielvolumen besonders tief liegt. Jene mehrfach gefilterten Laminarströmungen verdrängen so sehr turbulenzarm etwaige weniger reine Luftmengen aus extra sensiblen Arbeitsvolumen – schließlich garantieren auch Reinräumen nie absolut reine Luft.
Dazu läuft eine turbulenzarme Verdrängungsströmung (laminar flow) meist von der Decke zum Boden, um liegende Partikel nicht aufzuwirbeln. Unter dem perforierten Raumboden strömt die Luft dann durch Filter zurück zur Decke. Alternativ verwirbeln turbulente Mischströmungen gefilterte Luft im Reinraum und verdünnen damit lokale Partikelwolken.